Weimarer Republik: Parlamentarisches System und Parteien

Weimarer Republik: Parlamentarisches System und Parteien
Weimarer Republik: Parlamentarisches System und Parteien
 
Das parlamentarische System hatte mit der Wahl zur Nationalversammlung über die Pläne der linksradikalen Revolutionäre, die Räterepublik, die Diktatur des Proletariats durchzusetzen, den Sieg davongetragen. Parlamentarisches System bedeutet eine Regierungsmethode, die auf dem Prinzip der Gewaltenteilung beruht. Das Parlament ist die aus den Parteien in Wahlen zustande gekommene Volksvertretung. Es übt die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, aus. Die aus den die Mehrheit im Parlament bildenden Parteien aufgestellte Regierung besitzt die Regierungsgewalt, die Exekutive. Neben diesen beiden Institutionen steht - gleichberechtigt und unabhängig - die richterliche Gewalt, die Judikative. In einem funktionierenden parlamentarischen System sind grundsätzlich alle Parteien miteinander koalitionsfähig. Die Parteien der Weimarer Republik zerfielen von Anfang an in zwei sich schon in ihrer Grundeinstellung extrem voneinander unterscheidende Gruppen, die den neuen Staat bejahenden und ihn tragenden Parteien und die die Republik und das parlamentarische System verneinenden und bis zur Zerstörung bekämpfenden Gruppierungen. Zwischen diesen beiden Gruppen gab es so gut wie keine Kompromissbereitschaft. Das hat die parlamentarische Arbeit der Weimarer Republik von Anbeginn an belastet und infrage gestellt. Die in der Weimarer Koalition zusammengeschlossenen Parteien SPD, Zentrum und DDP waren in der Nationalversammlung, abgesehen von einigen Splittergruppen, die drei großen, die junge Republik tragenden Parteien. Die USPD auf dem linken Flügel und die DVP und die DNVP auf dem rechten waren Gegner der parlamentarisch-demokratischen Republik. Aber schon bei den ersten Reichstagswahlen am 6. Juni 1920, als die Bedingungen des Versailler Vertrages bekannt geworden waren und die Dolchstoßlegende in Umlauf gesetzt worden war, verloren die drei Parteien ihre Mehrheit, die sie nie wiedererlangen sollten. Dagegen errangen sowohl die USPD als auch die beiden Rechtsparteien starke Stimmengewinne. Eine bürgerliche Minderheitsregierung kam daraufhin zustande, weil sich jetzt die DVP unter dem Einfluss ihres Vorsitzenden Gustav Stresemann zu einer den Staat mittragenden Partei gewandelt hatte. Auch die DNVP, die der Monarchie anhing, hat sich zeitweise an Regierungsbildungen beteiligt, bis sie 1928 unter ihrem neuen Vorsitzenden Alfred Hugenberg endgültig eine extrem rechtsradikale und den Weimarer Staat verneinende Position einnahm. Die KPD entwickelte sich seit Mitte der 20er-Jahre zu einer unter dem Diktat Moskaus stehenden Kaderpartei, die die Weimarer Republik ebenso kompromisslos ablehnte und bekämpfte wie die rechtsradikale NSDAP, die jedoch erst am Ende der 20er-Jahre in Erscheinung trat. Die SPD hat nur noch einmal, 1928-30, mit Hermann Müller einen Kanzler gestellt, der eine große Koalition zwischen SPD, Zentrum, Bayerischer Volkspartei, DDP und DVP bildete. Als sie an innenpolitischen Meinungsverschiedenheiten zerbrach, war das parlamentarische System praktisch am Ende. Mit der Ernennung des Zentrumspolitikers Heinrich Brüning zum Reichskanzler durch Reichspräsident Paul von Hindenburg, ohne dass der Reichstag eingeschaltet wurde, war der Weg in das Präsidialsystem beschritten.

Universal-Lexikon. 2012.

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